Unperfekt nachhaltig

Written by Pia

Unperfekt. So wunderbar unperfekt. Ich bin’s gerne und ihr? Von allen Seiten wirken in der heutigen Zeit „perfekte“ Eindrücke auf uns. Einen großen Teil tragen vor allem die sozialen Medien dazu bei. Wir werden überflutet von einer Masse an Bildern. Bilder, die alle eins gemeinsam haben: sie sehen perfekt aus. Was genau sich aber tatsächlich hinter den Kulissen verbirgt, dass bekommen wir häufig gar nicht zusehen. Bei diesen „perfekten Eindrücken“ handelt es sich aber nicht nur um z.B. die Glitzerwelt der Stars.Oh Nein! Diese Perfektheit findet man zu eigentlich jedem Thema. Und obwohl es eigentlich total absurd ist und sich widersprechen sollte: genau so ein „Perfekt sein“ findet man auch bei der Nachhaltigkeit und den ganzen Themen, die damit zusammen hängen. Wie ihr euch in dem ganzen Chaos zurecht findet und aus meinen Fehlern lernen könnt, dass möchte ich euch heute erzählen.

Dafür müssen wir allerdings erstmal ein bisschen zurück spulen und zwar ca. 1 1/2 Jahre zurück. Damals haben mein Freund und ich in unserer ersten gemeinsamen Wohnung gewohnt und gehörten zur richtigen Konsumgesellschaft (er weniger, weil er einfach minimalistischer ist als ich 😀 ). Zwar habe ich schon immer gerne secondhand gekauft und wusste auch, dass zum Beispiel fast Fashion der Umwelt nicht gut tut, aber so richtig über den Tellerrand geguckt, habe ich trotzdem nicht. Eines Abends sagte mir mein Freund, dass er gerne ein bisschen mehr darauf achten möchte weniger Lebensmittel in Plastikverpackungen zu kaufen und generell das Plastik ein bisschen mehr aus unserem Leben zu verbannen. So richtig toll fand ich das jetzt nicht. Ich habe nämlich erstmal nur den ganzen Aufwand dahinter gesehen und war nur so mäßig begeistert.
 
Nach und nach fing ich dann aber doch mal an mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen. Ich las Artikel, schaute Videos und Dokumentationen und war danach erstmal todunglücklich. Egal wo ich hin ging, egal welchen Laden ich betrat, ich sah nur noch eins, überall und das war Plastik. Plastik, Plastik und nochmal Plastik. Es nahm kein Ende und ich war einfach nur noch schockiert. Wieso achtet niemand darauf welche Mengen an Plastik sich wirklich um uns herum befinden? Wofür brauchen wir dieses ganze Plastik? Wie lange kann die Erde, unser Zuhause, das noch mitmachen? Und warum habe ich das erst jetzt erkannt?

Immerhin hatte ich mir zu dem Zeitpunkt schon mal ein gewisses Bewusstsein für die Situation angeeignet.

So richtig toll war meine Reaktion drauf jedoch trotzdem nicht… Den tatsächlichen Kern des Ganzen hatte ich wohl doch noch nicht verstanden. Das hat sich insofern geäußert, dass ich erstmal dachte ich muss sofort alles auf „nachhaltig“ umstellen. Alles musste ersetzt werden. Tupperware wie zum Beispiel Brotdosen wollte ich nicht mehr sehen, ich wollte eine Glasflasche für Unterwegs, Metallstrohhalme durften auch nicht fehlen, die Bambuszahnbürsten waren auch ganz vorne mit dabei, teures Deo aus dem unverpackt Laden, Bienenwachstücher anstelle von Frischhaltefolie und unfassbar wichtig waren mir damals SCHÖNE Gläser für den unverpackt Laden (das ist nur ein Teil von Dingen die ich haben wollte, weil ich dachte, dass mit denen alles sofort besser wird). 

Zum Glück habe ich meinen Freund, der da noch relativ gut gegengearbeitet hat, sonst hätten wir jetzt wer weiß was alles Zuhause und ein riesiges Loch im Geldbeutel. Mir war damals einfach nicht klar, dass Nachhaltigkeit nicht bei den ganzen Artikeln, die es inzwischen für die Zero Waste Bewegung gibt, anfängt, sondern sowohl beim Wiederverwenden von bereits vorhandenen Dingen, um so Müll (und Geld) zu sparen als auch bewusster durchs Leben zu gehen und zu verstehen weshalb wir so sind, wie wir sind und warum wir so leben, wie wir leben. Letztendlich war es dann der Austausch mit anderen, der mir sehr geholfen hat das zu verstehen.

Die wichtigste aller Fragen lautet jetzt:

Was hat es euch gebracht diese verkorkste Geschichte zu lesen?

Ganz einfach - lernt aus meinen Fehlern und am aller wichtigsten: LASST EUCH NICHT VON PERFEKTEN EINDRÜCKEN TÄUSCHEN.  

Ich möchte euch jetzt noch ein paar kleine Anregungen mit auf den Weg geben und erklären, was ihr direkt besser machen könnt, als ich damals. Hoffentlich hilft es euch ein bisschen einen besseren Durchblick zubekommen 🙂 Mir hätte so etwas zu meinen Anfängen bestimmt geholfen und ich hätte mir viele Konsumfallen ersparen können. Euch erstmal weiterhin viel Spaß beim Lesen!

Was könnt ihr aus meinen Fehlern lernen:

ZEIT 1.0

Was bei mir persönlich am schlimmsten war, war der Druck alles sofort umstellen zu müssen / zu wollen. Das funktioniert in Bezug auf Nachhaltigkeit aber einfach nicht. Wie schon gesagt: es ist meistens besser, dass ihr erst die Dinge verwendet, die ihr eh schon Zuhause habt. Möglicherweise könnt ihr etwas Altes wiederverwenden oder sogar zweckentfremden. Wenn diese alten Dinge schließlich kaputt gehen sollten, könnt ihr sie immer noch durch etwas neues, nachhaltigeres ersetzen. Nehmt euch die Zeit die ihr braucht und lasst euch bloß nicht hetzen. Nachhaltiger zu leben ist ein Prozess, der vermutlich nie Enden wird. Und das ist auch gut so! Immerhin lernt man nie aus und genauso sollte es bei dem Thema Nachhaltigkeit auch sein. 

ZEIT 2.0 (Dinge selber machen)

Ihr müsst nicht alles selber machen um nachhaltiger zu leben. Das ist absolut nicht nötig! Ich für meinen Teil stelle Dinge selbst gerne her, weil es ein Hobby ist. Es freut mich natürlich, dass ich zusätzlich zur Müllvermeidung etc. beitrage. ABER ihr müsst das nicht machen, wenn euch die Zeit fehlt. Das ist nämlich eine Ausrede, die ich so häufig in dem Zusammenhang höre. „Ich würde ja, aber ich habe keine Zeit…“. Eine Bambus Zahnbürste statt eine aus Plastik zukaufen ist der selbe Zeitaufwand. Ökologisches Waschpulver zukaufen ist ebenfalls der gleiche Zeitaufwand. 

GELD

Geld ist ein wichtiges Thema in Bezug auf Nachhaltigkeit. Wie oft musste ich mir auch zu diesem Bereich schon anhören „Nachhaltig leben ist viel zu teuer“, „wenn das nicht so teuer wäre, dann würde ich auch bewusster darauf achten“ oder „nur die Reichen können sich das leisten“… So etwas finde ich immer sehr traurig, weil es einfach nicht wahr ist und weil man allein an diesen Aussagen erkennen kann, wie wenig sich diese Personen tatsächlich mit dem Thema beschäftigt haben. Produkte die nachhaltig sind, weil sie wiederverwendbar sind, kosten natürlich mehr: sie müssen länger halten als Einwegprodukte, werden aufwendiger verarbeitet, andere Materialien werden verwendet und im besten Fall sind sie auch fair und ökologisch produziert. Kann mir dann mal einer erklären, weshalb die nicht teurer sein dürfen? Für die erste Anschaffung gilt dann offensichtlich: sie sind teurer als Einwegprodukte. ABER und das ist unglaublich relevant (!) dadurch, dass man diese Artikel länger verwendet, verrechnet sich das ganz einfach und auf lange Sicht gesehen, sind die wiederverwendbaren Produkte günstiger als Einwegprodukte. 

Deshalb gilt: 

– Aufbrauchen

– Wiederverwenden

– Zweckentfremden

Und so weiter. Ihr werdet sehen, so teuer ist das alles gar nicht 😉

Hier noch ein wunderbares Beispiel zum Thema Damenhygiene und wie extrem der Kostenunterschied tatsächlich ist.

Ich bin immer wieder schockiert davon. Und ihr müsst euch vorstellen, dass ist bei unzähligen Produkten so extrem. Und wie viel man dabei dann noch an Müll spart… Einfach faszinierend und für mich einfach logisch!

KREATIV

Vielleicht ist der Punkt nicht für jeden so spannend, ich persönlich finde ihn unglaublich wichtig. Man kann bezüglich der Nachhaltigkeit und einem bewussteren Leben so viel Kreatives einbringen. Gerade wenn es ums Wiederverwenden geht. Mir macht es manchmal auch richtig Spaß herumzuspinnen und zu überlegen was ich wofür nochmal benutzen könnte. Falls euch das Thema interessiert, könnt ihr gerne mal bei meinem Blogeintrag Ist das wiederverwendbar oder kann das weg? vorbeischauen 🙂 

KRITISCH DENKEN/HINTERFRAGEN

Das habe ich immer viel zu selten getan und auch heute muss ich mich immer wieder daran erinnern. Nehmt nicht alles so hin was man euch erzählt, fragt nach, macht euch eure eigenen Gedanken dazu, betrachtet die guten und schlechten Seiten… Dieser Punkt kann sich auf alles mögliche beziehen: auf euch, auf bestimmte Artikel, auf Lebensmittel und vieles mehr. Wichtig ist, dass ihr euch eine eigene Meinung bilden könnt. Das bedeutet aber auch, dass man vorsichtig sein muss mit gefährlichem Halbwissen. Da tritt man gerne mal in ein Fettnäpfchen oder in die Konsumfalle. Vor allem mit der Konsumfalle hatte ich mehrere Auseinandersetzungen… 

Es gibt inzwischen viele sogenannte „Zero Waste Artikel“, die auf den ersten Blick sehr nachhaltig wirken, die aber unglaublich überflüssig sind. Mein Lieblingsbeispiel: diese Bestecksets to go. Da kauft ihr für 10-20 Euro ein schickes Bambusbesteck mit kleiner Tasche. Hört sich ja ganz nett an, Besteck zum mitnehmen, dass man keins aus Plastik braucht. Jetzt meine Frage an euch: Wieso nicht einfach Besteck von Zuhause mitnehmen, was man eh schon hat oder zur Not secondhand eine Gabel, ein Messer und einen Löffel kaufen und das mitnehmen? Ist das nicht viel nachhaltiger, weil der Bambus nicht dafür gerodet werden muss, dann noch verarbeitet und schließlich in alle Welt verschickt wird? Und ist es nicht auch viel günstiger sich für vielleicht 3 Euro sein Besteck im secondhand Laden zu kaufen oder sogar einfach das von Zuhause zu nutzen? 

Aber auf die Idee musste ich auch erstmal kommen. So werden wir immer wieder eingewickelt und da liegt es wohl an uns, dass wir uns selbst ab und zu die Augen wieder öffnen.

AUSTAUSCHEN

Wenn es dir eher schwer fällt, dir selbst die Augen zu öffnen, dann geh einfach in den Austausch mit anderen. Mir hat das immer sehr geholfen. Man bekommt nochmal ganz andere Sichtweisen aufgezeigt und hat die Möglichkeit alles aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Häufig habe ich auch tolle Ideen und Anregungen dadurch bekommen. Der Austausch ist einfach super wichtig, damit man nicht immer nur auf seiner Sicht verhaart und nichts anderes mehr zulässt. Außerdem profitiert jeder davon 🙂 Es war auch die Kommunikation mit anderen die mich dazu inspiriert hat Dinge selbst herzustellen. 

UNPERFEKT

Das meiner Meinung nach aller aller wichtigste: seid nicht zu hart mit euch selbst oder mit anderen. Jeder lebt nachhaltig auf seine Art und Weise. Jeder von uns tut auch mal weniger nachhaltige Dinge. Das heißt trotzdem nicht, dass wir schlechte Menschen sind. Es ist einfach wichtig, dass wir uns und andere, sowie die jeweiligen Entscheidungen akzeptieren. Wenn wir das nicht tun, dann stagnieren wir. Unperfekt bedeutet, dass wir stets unser bestes geben und das beste unserer Selbst sind. Aber wir sind nicht perfekt und niemand wird es je sein. Tut das was euch gut tut, tut es in eurem Tempo und seid stolz auf eure Erfolge, sowie auf die der anderen.

PROBIEREN GEHT ÜBER STUDIEREN

Egal was: probiert es aus! Es gibt so viele Möglichkeiten bewusster zu Leben, ein nachhaltigeres Leben zu führen, da braucht es einfach seine Zeit bis man seinen eigenen Weg gefunden hat. Deshalb heißt es auch: einfach mal ausprobieren. Gebt nicht sofort auf, wenn etwas mal nicht funktioniert hat oder wenn euch etwas nicht so gefallen hat. Dann sucht ihr weiter und probiert wieder Neues aus. Ihr werdet relativ schnell merken was für euch passt und was nicht. Ich zum Beispiel habe es mal mit Minimalismus versucht und habe mich viel dazu informiert. Aber es passt schlichtweg nicht zu mir und das habe ich dann auch akzeptiert. Noch immer habe ich großen Respekt vor den Menschen, die minimalistisch leben, aber es ist nun mal nicht meins 🙂 

 

In unserer heutigen Gesellschaft ist es schwer diese Punkte anzugehen, aber allein der Versuch ist goldwert. Mit jedem Versuch habt ihr schon mehr geschafft als jemand, den das Ganze überhaupt nicht interessiert. Bleibt dran, gebt euer bestes. Tut es für euch und die Natur und weil ihr es so wollt. Ich bin mir sicher es gibt einen Weg für jeden von euch!

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